Zum Inhalt springen

Interview: Thüringer Allgemeine

    +++Interview+++ Immer wieder Thüringen… Im Weimarer Land haben Linke und Grüne gemeinsam mit der AfD gestimmt. Es ging darum, eine nach Meinung der eigenen Verwaltung aussichtslose Klage des Landkreises gegen das Land Thüringen und dessen Rückzahlungsforderung zu verhindern. Wie ist dieses Zusammenstimmen zu bewerten? Bröckelt schon wieder die Brandmauer? Diese Frage stellte mir Elena Vogel von der Thüringer Allgemeinen (hier [€]). Das Thema war auch Gegenstand in einem Gespräch mit dem MDR (hier die Nachrichtenmeldung).

    Warum ist diese Abstimmung überhaupt ein Thema der Brandmauer? Das Ziel der gemeinsamen Abstimmung von Grünen, Linken und AfD war doch (nur) die Verhinderung einer schlechten Entscheidung, nicht das Durchsetzen eines eigenen Vorhabens. Dieser Hinweis ist berechtigt; und der Unterschied besitzt in moralischen und rechtlichen Kontexten zweifellos Relevanz. Im Bereich der Politik ist er jedoch weniger schlagend, weil es hier immer auch – und oftmals in hohem Maße – um die Wirkungen von Entscheidungen (und Nicht-Entscheidungen) geht.

    An dem Beispiel aus Thüringen hängen zentrale Fragen von demokratiepolitischer Relevanz: Man sollte sich über die Kosten der Brandmauer im Klaren sein, und zwar gerade dann, wenn man bereit ist, diese zu entrichten. Dazu ein paar Bemerkungen:

    🔸 Seit den Kommunalwahlen im letzten Jahr ist die AfD in der Fläche Thüringens zu einer kommunalen Kraft geworden. Das hat die Landtagswahl klar bestätigt. Die Partei besitzt damit eine große Verhinderungsmacht und diese Macht wird bei kommunalen Entscheidungen und Abstimmungen immer wieder eine Rolle spielen.

    🔸 Wenn die Brandmauer bedeuten soll, ein bewusstes Inkaufnehmen der Zustimmung seitens der AfD in jedem Fall zu verhindern, dann kann diese Ausrichtung gerade auf kommunaler Ebene mit nicht zu unterschätzenden politischen Kosten verbunden sein. Denn man muss die Wählerschaft vor Ort davon überzeugen, dass im Zweifel die eigene Prinzipienfestigkeit Vorrang vor der Entscheidung in der Sache hat.

    🔸 Politische Kosten fallen zudem aufgrund der Brandmauer-Konstruktion an, weil diese von den Parteien der demokratischen Mitte ein gerüttelt Maß an Allianzbereitschaft verlangt, um die Mehrheitsbildung durch die AfD sicher auszuschließen.

    🔸 Diese Art von Allianzen können immer wieder zur Folge haben, die Konkurrenz unter den Parteien weitgehend suspendieren zu müssen. Ohne Konkurrenz in der Mitte drohen jedoch Unzufriedene an die Ränder verloren zu gehen.

    🔸 Das Beispiel aus dem Weimarer Land zeigt ferner anschaulich: Wenn die Parteien der demokratischen Mitte nicht in der Lage sind, sich zu einigen, wird der Einfluss auf politische Entscheidungen seitens der AfD tendenziell wachsen.

    Nichts davon ist zwangsläufig. Aber diese Zusammenhänge gilt es zu bedenken, wenn man die Situation von Kommunalpolitikern in Thüringen verstehen möchte.

    Cookie Consent mit Real Cookie Banner