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Interview: Welt (online)

    +++Interview+++ Vielleicht nicht nur von lokalem Interesse: In der Bürgerschaft warf Hamburgs SPD-Innensenator Grote der AfD vor, die Relativierung von Nationalsozialismus und Holocaust gehöre zu ihrer „Grunderzählung“. Das Landesverfassungsgericht wies die Klage der AfD dagegen ab – zu Recht, wie ich im Gespräch mit Phillipp Woldin (Welt Online) erläutert habe (hier). Zwei Gedanken dazu:

    Das Neutralitätsgebot ist ein verfassungsrechtlicher Schlüsselbegriff, gerade im Verhältnis zwischen Staat, Parteien und Gesellschaft. Er ist aber deutungsoffen und bedarf daher immer wieder der Kontextualisierung. Relevant in diesem Zusammenhang: Für Senatoren im Parlament trifft das Neutralitätsgebot nur in abgeschwächter Form zu, weil es um Kritik und Gegenkritik geht. Die Amtsautorität der Senatoren ist hier vor allem Gegenstand des Debattierens nicht eine hervorgehobene Position des Regierens.

    Das sehen manche anders, etwa die Rechtswissenschaftler Volker Boehme-Neßler und Hermann Heußner. Ich würde aber mit dem Hamburger Verfassungsrichtern argumentieren, dass in diesem Kontext vom Neutralitätsgebot im Grunde nur das Sachlichkeitsgebot übrigbleibt: Grotes Aussagen – Radikalisierung der Partei (Stichwort „Remigration“) und Relativierung des Nationalsozialismus („Vogelschiss der Geschichte“) – richten sich gegen die AfD als Partei und lassen sich bekanntlich auch mit Belegen untermauern (siehe die Berichte der Verfassungsschutzbehörden).

    Das mag mal als hart oder polemisch empfinden, aber sicher nicht als haltlose Grenzüberschreitung im politischen Meinungskampf oder als eine gezielte Verletzung verfassungsrechtlich verbriefter Rechte der AfD-Abgeordneten in der Hamburger Bürgerschaft.