+++Interview+++ Umfragen zur Sonntagsfrage sind für die CDU seit einiger Zeit kein Grund zur Freude – weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Die Zuwächse der AfD machen viele in der Union nicht nur ratlos, sie lassen regelmäßig auch die Frage nach der „richtigen“ Strategie im Umgang mit der AfD aufkommen. Stichwort „Brandmauer“: Sie soll Prinzipienfestigkeit in den eigenen Reihen demonstrieren und zugleich die AfD von der Regierungsmacht fernhalten. Doch innerhalb der CDU schwindet die Gewissheit, ob diese Strategie erfolgreich durchzuhalten sein wird.
Anlässlich der CDU-Klausur im Berliner Grunewald gab es reichlich Gelegenheit, über diese Frage zu diskutieren: Über die derzeit brisante Mixtur aus Unsicherheit und Unzufriedenheit, von der die AfD derzeit stark profitiert, habe ich mit Dietmar Neuerer vom Handelsblatt gesprochen (hier). Andreas Rinke von Reuters hat mir vor allem über die machtpolitischen Herausforderungen der Union gesprochen (hier). Upshot: Wenn die Strategie erfolgreich sein soll, bedarf es mindestens einer gemeinsamen und außerordentlichen Anstrengung aller Parteien der demokratischen Mitte, denn der Modus eines solchen Regierens unterschiedet sich nachhaltig von der Logik eines „Kampfes um die Mitte“.
Mit Blick auf die Landtagswahlen im nächsten Jahr könnte sich die strategische Lage der CDU nochmals zuspitzen; dazu haben mich Marie Droste und Carsten Hädler von Welt TV befragt (hier). In Sachsen-Anhalt etwa könnten sich die Christdemokraten vor eine unbequeme Wahl gestellt sehen: entweder die „saure Brombeere“ in einer Koalition mit den Linken oder das Abtragen der Brandmauer zur AfD. So oder so wäre der Unvereinbarkeitsbeschluss von 2018 dann Geschichte. Bis dahin wird zwar noch viel Wasser die Elbe hinunterfließen – doch im Grunde steckt die CDU seit geraumer Zeit in einem strategischen Dilemma, aus dem sie bislang keinen klaren Ausweg gefunden hat.